Aktuelle Revisionen Strafbarkeit wegen Wuchers setzt Ausbeuten einer Zwangslage voraus
Strafbarkeit wegen Wuchers setzt Ausbeuten einer Zwangslage voraus
Wucher sorgt nicht nur für die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäft, sondern kann auch strafrechtliche Folgen haben. Wegen Wuchers nach § 291 StGB macht sich strafbar, wer die Zwangslage oder Unerfahrenheit eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich für eine Leistung einen Vermögensvorteil verschafft, der in einem auffälligen Missverhältnis zu dieser Leistung steht. Das OLG Köln hat in einer neuerlichen Entscheidung betont, dass an das Ausnutzen einer Zwangslage sehr hohe Anforderungen zu stellen sind. Bei der Beauftragung eines Schlüsseldienstes liegt alleine wegen des Ausgesperrtseins aus der Wohnung noch keine Zwangslage vor.
Ein Mieter hatte den Mitarbeiter eines Schlüsselsdiensts wegen Wuchers nach § 291 StGB angezeigt. Der Schlüsseldienst hatte dem Mann zuvor eine Rechnung in Höhe von 319,51 € für das Öffnen seiner zugefallenen Wohnungstür ausgestellt. Dies hielt der Mieter für Wucher. Das Amtsgericht Jülich hat den Angeklagten jedoch vom Vorwurf des Wuchers freigesprochen. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, welche vor dem Landgericht Aachen keinen Erfolg hatte. Auch die dagegen eingelegte Revision vor dem OLG Köln bliebt erfolglos. Der Angeklagte wurde in allen Instanzen vom Vorwurf des Wuchers nach § 291 StGB freigesprochen.
Aus Wohnung ausgesperrt – keine Zwangslage
Eine Strafbarkeit wegen Wuchers nach § 291 StGB kommt vorliegend auch laut OLG Köln nicht in Betracht. Es fehlt hierfür bereits an dem Vorliegen einer Zwangslage. Eine solche besteht nur, wenn eine ernste Bedrängnis gegeben ist, in welcher der Geschädigte auf die Leistung zwingend angewiesen ist. Im bloßen „Ausgesperrtsein“ aus einer Wohnung, ist noch keine solche Zwangslage bzw. Bedrängnis zu sehen.
Die tatbestandliche Zwangslage muss nämlich auch „ausgebeutet“ werden können. Zur Beseitigung der Zwangslage muss der Geschädigte von der Leistung des Wucherers abhängig sein. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalles, namentlich die Situation in der nunmehr nicht mehr zugänglichen Wohnung selbst, Jahreszeit und Witterung, die Dringlichkeit anderweitiger Verpflichtungen des Geschädigten sowie die Anwesenheit oder Erreichbarkeit der Hilfe Dritter. Im vorliegenden Fall fällt eine Abwägung zu Lasten des Geschädigten aus.
Um eine Strafbarkeit wegen Wuchers annehmen zu können, hätten weitere erschwerende Umstände hinzukommen müssen. Wie zum Beispiel, dass ein Kind in der Wohnung eingesperrt ist, Wasser aus einer verstopften Rohrleitung austritt oder wegen eingeschalteter elektrischer Geräte Brandgefahr besteht. Der Schlüsseldienst hat sich somit nicht wegen Wuchers nach § 291 StGB strafbar gemacht.
OLG Köln, Beschluss vom 22.11.2016, Az.: III-1 RVs 259/16